„Es gab fünf, sechs Explosionen, in Odesa herrscht Panik, der Flughafen ist zu, an den Geschäften und Bankomaten haben sich lange Schlangen gebildet“, berichtet meine Freundin Karina in einer Sprachnachricht am Morgen des 24. Februars 2022. Ja, „berichtet“: Ich habe ihre Nachricht eben noch einmal angehört. Ihre Stimme klingt beherrscht, klar. Als würde sie über etwas sprechen, das sie im Fernsehen sieht und nicht etwas, das direkt vor ihrer Haustür passiert. Im Laufe der kommenden Wochen lerne ich jedoch die Varietät ihrer Stimme kennen: Mal wird sie brüchig, leise, dann wieder kraftvoll und etwas heller. Doch Karinas Worte schmecken immer gleich: nach Schmerz, nach Entsetzen und nie wieder nach der gewohnten, leicht salzigen Luft am Strand von Odesa. Wo unser Lachen im Sommer 2021 erklang und das Glück unerschöpflich schien.
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