Unterschiedliche Kulturen und Sprachen webten sich ein in die Geschichte der Ukraine – die einzelnen Fäden zu entwirren, hat sich Ira Peter als Stadtschreiberin in Odesa zur Aufgabe gemacht. Besonders das Erbe der Juden und Deutschen, das allgegenwärtig und doch oft verborgen diesem Land inne ist, berührt sie. Beide Gruppen prägten die Region über Jahrhunderte hinweg, beide erlitten während des Zweiten Weltkrieges und in der Sowjetzeit unfassbares Leid – in Bezug auf den Holocaust an Jüdinnen und Juden jegliche Vorstellungskraft sprengend.
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Ein Dorf, das nicht mehr existieren soll
Wolhynchen, immer ging es um Wolhynchen. Stundenlang saßen sie in der Küche bei schwachem Licht zusammen und erzählten sich Geschichten aus ihrer Heimat Wolhynien im Westen der Ukraine. Vielleicht lieben wir Dinge und Menschen umso stärker, wenn sie uns mit Gewalt entrissen werden. Meine Großeltern haben ihr Wolhynchen jedenfalls bis zum letzten Atemzug verehrt wie eine Mutter. Zu ihr zurückkehren durften sie trotz aller Liebe nie, selbst dann nicht, als Stiefmutter Kasachstan sie hungern und frieren ließ. 85 Jahre nachdem meine Großeltern aus der Ukraine deportiert worden waren, will ich das Dorf sehen, das ihnen als Leinwand für ihre Sehnsucht diente. Auch wenn mein Vater sagt: „Es ist nichts mehr übrig von Towine.“
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