Güldendorf will seinen Namen zurück

Google kennt „Güldendorf“ schon. Gibt man den Namen in der Suchmaschine ein, zeigt sie als ersten Treffer das Dorf Krasnosilka nördlich von Odesa an. Ein Teil der Menschen in Krasnosilka, wie Güldendorf seit 1945 offiziell heißt, möchte den einst von deutschen Kolonisten vergebenen Ortsnamen zurück. Warum und wie die Bürgermeisterin die angestrebte Volksabstimmung betrachtet, darüber sprach ich mit ihr und einer „Güldendorf“-Aktivistin.  

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Gegen das Vergessen

Der Geruch nach verbranntem Fleisch hing einen Monat über Odesa. Vor genau 80 Jahren wurden etwa 25.000 Menschen, zumeist jüdische Frauen, Kinder und alte Menschen, bei lebendigem Leib in der Stadt am Schwarzen Meer verbrannt. Wer zu fliehen versuchte, wurde erschossen oder in die Luft gesprengt. Dieser Opfer zu gedenken war in der Sowjetunion verboten. Über den Holocaust zu sprechen und Orte des Erinnerns zu schaffen ist in der Ukraine erst seit ihrer Unabhängigkeit möglich. Ein solcher Ort soll nun in Odesa entstehen: dort wo unschuldige Menschen im Oktober 1941 qualvoll starben. Gestern legte das Berliner Zentrum Liberale Moderne im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zusammen mit dem Regionalverband der Juden und ehemaligen Gefangenen des Ghettos und der Konzentrationslager in Odessa sowie der Stadt Odesa einen Grundstein dafür.

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Ein Dorf, das nicht mehr existieren soll

Wolhynchen, immer ging es um Wolhynchen. Stundenlang saßen sie in der Küche bei schwachem Licht zusammen und erzählten sich Geschichten aus ihrer Heimat Wolhynien im Westen der Ukraine. Vielleicht lieben wir Dinge und Menschen umso stärker, wenn sie uns mit Gewalt entrissen werden. Meine Großeltern haben ihr Wolhynchen jedenfalls bis zum letzten Atemzug verehrt wie eine Mutter. Zu ihr zurückkehren durften sie trotz aller Liebe nie, selbst dann nicht, als Stiefmutter Kasachstan sie hungern und frieren ließ. 85 Jahre nachdem meine Großeltern aus der Ukraine deportiert worden waren, will ich das Dorf sehen, das ihnen als Leinwand für ihre Sehnsucht diente. Auch wenn mein Vater sagt: „Es ist nichts mehr übrig von Towine.“

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Botschafter der odesitischen Küche

„А нам все равно, а нам все равно – Пусть боимся мы волка и сову“* – jeder Mensch, der in der Sowjetunion gelebt hat, kennt dieses Lied. Der russische Schauspieler Jurij Nikulin sang es 1969 in der später zum Kult gewordenen sowjetische Filmkomödie „Der Brillanten-Arm“. Auch bei mir weckt es sofort Erinnerungen an Kindheit und Leichtigkeit, als ich den Park des Restaurants „Datscha“ in Odesa betrete.

Die Musikauswahl ist kein Zufall, denn genau so sollen sich Gäste hier fühlen: umhüllt von einer Decke aus Sorglosigkeit. Über die Einzigartigkeit des Ortes, das Besondere der odesitischen Küche und Antisemitismus in der Sowjetunion sprach ich mit Savveliy Libkin, einem der erfolgreichsten Gastronomen der Ukraine, leidenschaftlichen Odesiten und Besitzer der Datscha.

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Der Weg der Unsterblichen

250 Kilo­me­ter von Odesa liegt Boh­da­niwka, wo die Wehr­macht und ihre Helfer im Winter 1941/42 ein Mas­sa­ker an Jüdinnen und Juden beging. Einmal jähr­lich kehren Nach­kom­men der Opfer an den Ort des Ver­bre­chens zurück. Ich habe sie begleitet.

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Die unwahrscheinliche Heimkehr einer Schwarzmeerdeutschen

Menschen wie Elena Bieber trifft man heute nur selten in der Ukraine. Sie hat ihr Leben nämlich in genau dem Dorf verbracht, das ihre deutschen Vorfahren vor über 200 Jahren am Schwarzen Meer mitgegründet hatten. Vor 1954 aber riss der Zweite Weltkrieg Elena Bieber und ihre Familie aus der Südukraine bis nach Berlin und anschließend weit in den Osten der Sowjetunion. Oft trennten nur Millimeter sie von einer tödlichen Bombe, vor dem Verhungern oder Erfrieren. Ihre außergewöhnliche und gleichzeitig für Deutsche aus der Ukraine typische Lebensgeschichte erzählte sie mir in ihrem Haus in Neuburg, 30 Kilometer südlich von Odesa.  

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Verweil, Zeit! Interview auf dem schönsten Friedhof der Ukraine

Ich hatte wie so oft ein Zeitproblem. Es war Sonntagmorgen, der letzte von drei Tagen des „MERIDIAN Czernowitz“ Lyrikfestivals sollte viele besonders interessante Lesungen und Filmpräsentationen bieten. Ich wollte keine verpassen. Vor der ersten Veranstaltung wollte ich noch ein Interview führen mit Tomer Dotan-Dreyfus, einem in Israel geborenen Autor und Übersetzer aus Berlin. Ich wollte aber auch unbedingt den alten jüdischen Friedhof in Tscherniwzi besuchen. Eine Freundin hatte ihn als absolutes Highlight der Stadt in der Bukowina empfohlen. Spontan fragte ich Tomer, ob wir unser Interview nicht auf dem Friedhof halten könnten.

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„Wir sind immer noch Geflüchtete“

Noam Partom gehört in Israel zur sogenannten dritten Generation. Ihre Großeltern flüchteten vor den Nationalsozialisten aus Mittel- und Osteuropa nach Israel. Zum ersten Mal besuchte die Dichterin und Performancekünstlerin im September anlässlich des internationalen „MERIDIAN“ Lyrikfestivals in Chernivtsi die Ukraine – das Land, in dem mehr als eine Million Jüdinnen und Juden während des Zweiten Weltkrieges ermordet wurden. Diese Reise hat ihren Blick auf die Enkelgeneration von Geflüchteten in Israel und jüdische Einwanderer:innen aus der Sowjetunion in ihr Geburtsland verändert. Über ihre Eindrücke sprach die 35-Jährige mit mir in Odesa.

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„Die Geschichte eines Juden in der Sowjetunion“

Sein Name ist weit über die Ukraine hinaus bekannt, auch mit Deutschland verbinden ihn viele gemeinsame Projekte und Freundschaften: Roman Schwarzman. Er ist Mitgründer und Vorsitzender des Verbandes der Ghetto- und KZ-Überlebenden in Odesa und setzt sich seit über 30 Jahren für Holocaust-Überlebende ein. Warum er sein Leben als typisch für einen sowjetischen Juden bezeichnet, wie er das Ghetto in Berschad, nördlich von Odesa, überlebte und über seine Verbindung zu Steven Spielberg – darüber sprach ich mit ihm.

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Bessarabien: Die verschwundenen Deutschen

„Eine Grundidee von Bessarabien vor rund 200 Jahren war, dass unterschiedliche Völker hierherkommen, ihr Wissen mitbringen, es teilen und sich gegenseitig wirtschaftlich und kulturell bereichern“, sagt Elena Menshykova. Wir stehen vor der Sonne geschützt unter einem der vielen Bäume auf dem Marktplatz von Tarutyne, 150 Kilometer südwestlich von Odesa, im Herzen Bessarbiens. An uns laufen lachende Menschen in bunten traditionellen Kostümen vorbei, der Geruch nach Gegrilltem schwebt in der Luft, Musik aus allen Richtungen lädt zum Tanzen ein. Wir befinden uns mitten auf dem „Bessarabskij Jarmarok“, einer Art Jahrmarkt der Kulturen und dem wichtigsten Fest des Jahres. Dort werde ich heute die „Grundidee“, von der Germanistin Elena Menshykova spricht, erleben.

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