Gegen das Vergessen

Der Geruch nach verbranntem Fleisch hing einen Monat über Odesa. Vor genau 80 Jahren wurden etwa 25.000 Menschen, zumeist jüdische Frauen, Kinder und alte Menschen, bei lebendigem Leib in der Stadt am Schwarzen Meer verbrannt. Wer zu fliehen versuchte, wurde erschossen oder in die Luft gesprengt. Dieser Opfer zu gedenken war in der Sowjetunion verboten. Über den Holocaust zu sprechen und Orte des Erinnerns zu schaffen ist in der Ukraine erst seit ihrer Unabhängigkeit möglich. Ein solcher Ort soll nun in Odesa entstehen: dort wo unschuldige Menschen im Oktober 1941 qualvoll starben. Gestern legte das Berliner Zentrum Liberale Moderne im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zusammen mit dem Regionalverband der Juden und ehemaligen Gefangenen des Ghettos und der Konzentrationslager in Odessa sowie der Stadt Odesa einen Grundstein dafür.

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Ein Dorf, das nicht mehr existieren soll

Wolhynchen, immer ging es um Wolhynchen. Stundenlang saßen sie in der Küche bei schwachem Licht zusammen und erzählten sich Geschichten aus ihrer Heimat Wolhynien im Westen der Ukraine. Vielleicht lieben wir Dinge und Menschen umso stärker, wenn sie uns mit Gewalt entrissen werden. Meine Großeltern haben ihr Wolhynchen jedenfalls bis zum letzten Atemzug verehrt wie eine Mutter. Zu ihr zurückkehren durften sie trotz aller Liebe nie, selbst dann nicht, als Stiefmutter Kasachstan sie hungern und frieren ließ. 85 Jahre nachdem meine Großeltern aus der Ukraine deportiert worden waren, will ich das Dorf sehen, das ihnen als Leinwand für ihre Sehnsucht diente. Auch wenn mein Vater sagt: „Es ist nichts mehr übrig von Towine.“

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Der Weg der Unsterblichen

250 Kilo­me­ter von Odesa liegt Boh­da­niwka, wo die Wehr­macht und ihre Helfer im Winter 1941/42 ein Mas­sa­ker an Jüdinnen und Juden beging. Einmal jähr­lich kehren Nach­kom­men der Opfer an den Ort des Ver­bre­chens zurück. Ich habe sie begleitet.

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Die unwahrscheinliche Heimkehr einer Schwarzmeerdeutschen

Menschen wie Elena Bieber trifft man heute nur selten in der Ukraine. Sie hat ihr Leben nämlich in genau dem Dorf verbracht, das ihre deutschen Vorfahren vor über 200 Jahren am Schwarzen Meer mitgegründet hatten. Vor 1954 aber riss der Zweite Weltkrieg Elena Bieber und ihre Familie aus der Südukraine bis nach Berlin und anschließend weit in den Osten der Sowjetunion. Oft trennten nur Millimeter sie von einer tödlichen Bombe, vor dem Verhungern oder Erfrieren. Ihre außergewöhnliche und gleichzeitig für Deutsche aus der Ukraine typische Lebensgeschichte erzählte sie mir in ihrem Haus in Neuburg, 30 Kilometer südlich von Odesa.  

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„Wir sind immer noch Geflüchtete“

Noam Partom gehört in Israel zur sogenannten dritten Generation. Ihre Großeltern flüchteten vor den Nationalsozialisten aus Mittel- und Osteuropa nach Israel. Zum ersten Mal besuchte die Dichterin und Performancekünstlerin im September anlässlich des internationalen „MERIDIAN“ Lyrikfestivals in Chernivtsi die Ukraine – das Land, in dem mehr als eine Million Jüdinnen und Juden während des Zweiten Weltkrieges ermordet wurden. Diese Reise hat ihren Blick auf die Enkelgeneration von Geflüchteten in Israel und jüdische Einwanderer:innen aus der Sowjetunion in ihr Geburtsland verändert. Über ihre Eindrücke sprach die 35-Jährige mit mir in Odesa.

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„Die Geschichte eines Juden in der Sowjetunion“

Sein Name ist weit über die Ukraine hinaus bekannt, auch mit Deutschland verbinden ihn viele gemeinsame Projekte und Freundschaften: Roman Schwarzman. Er ist Mitgründer und Vorsitzender des Verbandes der Ghetto- und KZ-Überlebenden in Odesa und setzt sich seit über 30 Jahren für Holocaust-Überlebende ein. Warum er sein Leben als typisch für einen sowjetischen Juden bezeichnet, wie er das Ghetto in Berschad, nördlich von Odesa, überlebte und über seine Verbindung zu Steven Spielberg – darüber sprach ich mit ihm.

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Bessarabien: Die verschwundenen Deutschen

„Eine Grundidee von Bessarabien vor rund 200 Jahren war, dass unterschiedliche Völker hierherkommen, ihr Wissen mitbringen, es teilen und sich gegenseitig wirtschaftlich und kulturell bereichern“, sagt Elena Menshykova. Wir stehen vor der Sonne geschützt unter einem der vielen Bäume auf dem Marktplatz von Tarutyne, 150 Kilometer südwestlich von Odesa, im Herzen Bessarbiens. An uns laufen lachende Menschen in bunten traditionellen Kostümen vorbei, der Geruch nach Gegrilltem schwebt in der Luft, Musik aus allen Richtungen lädt zum Tanzen ein. Wir befinden uns mitten auf dem „Bessarabskij Jarmarok“, einer Art Jahrmarkt der Kulturen und dem wichtigsten Fest des Jahres. Dort werde ich heute die „Grundidee“, von der Germanistin Elena Menshykova spricht, erleben.

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Liebesbrief

Dein Ruf eilte dir voraus: umtriebig sollst du sein, gaunerhaft. Aber auch schön und witzig. Deinen Humor habe ich jedoch nicht auf Anhieb verstanden. Wusste nicht: Willst du mich jetzt auf den Arm nehmen oder meinst du etwas ernst? Du warst aber von Anfang an herzlich und unglaublich offen. Vielleicht liegt es daran, dass du so viele verschiedene Kulturen in dir trägst, die ukrainische, französische, italienische, deutsche, jüdische, griechische und so viele mehr.

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Deutsche Postkartenmotive in der ukrainischen Volksmalerei

Kinder in deutschen Trachten beim Blumensammeln, süddeutsche Dörfer, Engel und blonde, großäugige Mädchen mit Katzen – Motive, die vor rund fünfzig Jahren in fast jedem Haus in der ländlichen Ukraine als Ölgemälde zu finden waren. Doch wie entstanden diese teils verbotenen Werke ab Mitte der 1940er Jahre in der damaligen Sowjetrepublik Ukraine?

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